Nur vier Monate später aber lag die Freude mit einem Schlag in Trümmern, denn die Ärzte erklärten, dass das Kind einen Herzfehler habe und mit einer schwerwiegenden geistigen Beeinträchtigung zu rechnen sei. Ein Abbruch wurde nahegelegt. Doch die Eltern lehnten ab und entschieden sich für das Kind, entschieden sich für Phyllis. Zu jener Zeit entschloss sich Danne, gegen die Angst, die ihn packte, gegen diese monströse Furcht, die ihn heimsuchte, anzuschreiben und dichtend um Glück und Zuversicht zu ringen.
Was daraus folgte, ist wohl einer der feinfühligsten und zartesten Texte, die ich jemals gelesen habe, ein Text in einhundert Miniaturen. In leisen poetischen Bildern und einer verspielten Sprache versucht das lyrische Ich sich dem Leben zu nähern, dem neuen, noch ungeborenen, aber auch seinem eigenen. Zwischen Freude und Angst, zwischen Aufregung und Unruhe hin und her gerissen nähert es sich dichtend dem Leben an und begleitet sowohl Schwangerschaft als auch Geburt. Es schreibt an gegen diese innere Leere, die es auffrisst, schreibt sich los vom Erstarren und der Panik, schreibt hin gen Leben und feiert dieses dadurch auf eine einzigartige Weise.
Dabei haben die 100 Miniaturen keine feste Form, sind Gedankenschnipsel, deren Sätze ineinanderfließen. Weder gibt es Interpunktion noch Großschreibung. Die Sätze gehen ineinander über, manche Worte stehen für sich, bilden aber zugleich das letzte Wort eines Satzes und das erste des nachfolgenden.
Es gibt wenige bewegendere und lebensbejahendere Texte, die ich bislang gelesen habe. Dieser Band ist eine Hommage an das Leben. Es ist das unbedingte Postulat, Ja zu sagen, zu dieser Wirrnis, zu diesem Unwägbaren, zu diesem Wahnsinn.
Ein Ja zum Leben. Trotz allem.
Christoph Danne: solo für phyllis
Lyrikband
Taschenbuch, 115 Seiten
Weissmann Verlag, 2022