Ein Journalist auf der Suche nach Freiheit und Liebe.
Mehrere Kommissare auf der Suche nach einem Massenmörder.
Und mittendrin der geheimnisvolle Schriftsteller Benno von Archimboldi, bei dem sich alle Wege zu kreuzen scheinen.
Hans Reiter, besser bekannt als Benno von Archimboldi, ist verschollen. Vier Germanisten aus Frankreich, Spanien, Italien und England begeben sich auf die Suche nach dem mysteriösen deutschen Schriftsteller, der mittlerweile sogar für den Nobelpreis gehandelt wird. Ihre Reise führt sie bis nach Mexiko, wo sie in Santa Teresa von einer Reihe von Frauenmorden erfahren.
Der amerikanische Journalist Quincy Williams fliegt ebenfalls nach Mexiko, um über einen Boxkampf in ebenjener Stadt zu berichten. Vor Ort lernt er die junge Rosa kennen, in die er sich verliebt. Nach einer durchzechten Nacht mit Gestalten aus der mexikanischen Halbwelt müssen sie jedoch fliehen. Sind sie vielleicht auf die Spur eines Massenmörders gestoßen?
Mehrere Kommissare und Polizisten gehen den endlosen Morden rund um die Stadt Santa Teresa nach. Es herrscht ein Klima der Gewalt und Angst vor. Oftmals entpuppen sich die Ehemänner als kaltblütige Mörder, bei vielen anderen Verbrechen erscheint jedoch ein Muster, das auf einen Massenmörder hinweist, der in der Gegend sein Unwesen treibt. Ein Deutscher wird schließlich verhaftet und für die Morde schudig gesprochen. Doch was hat dieser Klaus Haas mit Benno von Archimboldi zu tun?
Wem diese hier nur kurz angedeuteten Verknüpfungen jetzt schon argwöhnisch und abstrus erscheinen, dem sei versichert: Die Geschichte ist in Wirklichkeit noch viel abstruser und in ihrer Gesamtheit kaum zu fassen.
Der große Roman des zu jung verstorbenen Roberto Bolaño ist ausufernd. Schon allein mit seinen knapp 1200 Seiten ist es ein Opus magnum. Mit viel Witz, Erzähllust und Fabulierwahn entwirft der chilenische Schriftsteller hier eine Geschichte, in der alles mit allem zusammenhägt, in der Ereignisse und Situationen sich gegenseitig bedingen und alles miteinander verflochten scheint. Die fünf Bücher des Romans, die nach dem letzten Willen Bolaños eigentlich einzeln erscheinen sollten, hängen allerdings nur lose miteinander zusammen und so sehen wir frei nach Brecht am Ende betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen.
Fand ich den Anfang um die Germanisten noch großartig, besonders den feinsinnigen Witz, mit dem die Beziehung der Germanisten untereinander und das Universitätsleben im Allgemeinen beschrieben wird, und entflammte mein Herz geradezu vom Sujet, das vor allem um (deutsche) Literaturgeschichte kreist, flaute das Leseerlebnis bei der weiteren Lektüre jedoch rasch ab. Besonders der vierte Teil, der zugleich den ausuferndsten darstellt, eine Aneinanderreihung dutzender Frauenmorde oft im Stile trockener Polizeiberichte, wurde irgendwann so zäh und langweilig wie eine Vorlesung über den Büroalltag im öffentlichen Dienst.
Der so hochgelobte und gefeierte Roman von Bolaño konnte mich deswegen nur schwer begeistern. Allein der Beginn und das Ende vermochten mich mitzureißen, hunderte Seiten dazwischen wurden teilweise zu einer Qual. Auch wenn mit den Frauenmorden auf die Mordserie von Ciudad Juárez Anfang der 90er Jahre angespielt wird und dadurch ein realer Hintergrund existiert, bleibt für mich jedoch eine der größten Fragen, warum dieses eines der großen Werke der Weltliteratur sein soll.
"2666" erschien bereits 2004 im Original und 2009 als deutsche Übersetzung.
Roberto Bolaño: 2666
Roman, aus dem Spanischen von Christian Hansen
Taschenbuch, 1200 Seiten
Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2011